Wichtige Änderungen im Aufenthaltsgesetz ab dem 01.08.2015
Zum 01.08.2015 ist das „Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts unter Aufenthaltsbeendigung“ in Kraft getreten. Dieses hat viele verschiedene Veränderungen mit sich gebracht. Dabei ist es wie so häufig im Leben, manche Veränderungen sind gut, manche eher weniger gut.
Positiv ist sicherlich, dass durch dieses Gesetz ab dem 01.08.2015 viele Ausländer durch eine stichtagsunabhängige Bleiberechtsregelung profitieren könnten. So kann nunmehr ein gut integrierter geduldeter Ausländer/in in Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, wenn er/sie sich seit mindestens 8 Jahren ununterbrochen in Deutschland aufgehalten hat. Sollte er/sie mit einem minderjährigen, ledigen Kind in häuslicher Gemeinschaft leben, reichen bereits 6 Jahre in der Regel als ununterbrochener Aufenthalt in Deutschland aus.
Wichtig ist jedoch, dass der Lebensunterhalt überwiegend durch eigene Erwerbstätigkeit gesichert wird. Sollte bei der Betrachtung der bisherigen Schul- , Ausbildungs- , Einkommens- sowie der familiären Lebenssituation zu erwarten sein, dass der Lebensunterhalt zukünftig gesichert wird, kann im Einzelfall von einer aktuellen Lebensunterhaltssicherung abgesehen werden. Weiterhin spielt der Bezug von Wohngeld ausdrücklich keine Bedeutung bei der Sicherung des Lebensunterhaltes.
Auch ist der vorübergehende Bezug von Sozialleistungen nicht von Bedeutung, wenn sich der Ausländer in einer Berufsausbildung in einem anerkannten Lehrberuf oder in einer staatlich geförderten Berufsförderungsmaßnahme befindet oder an einer staatlich anerkannten Hochschule studiert.
Weiterhin muss er/sie über mindestens hinreichende mündliche Deutschkenntnisse verfügen. Dies ist in der Regel der Fall, wenn das Sprachniveau A2 erfolgreich erreicht worden ist.
Bei Kindern im schulpflichtigen Alter ist der tatsächliche Schulbesuch nachgewiesen. Dies ist am besten möglich, wenn man alle zur Verfügung stehenden Zeugnisse sowie eine aktuelle Bescheinigung der Schule über den Schulbesuch der Ausländerbehörde vorzeigt.
Ausländer, die sich seit langen Jahren in Deutschland nur geduldet aufhalten, sollten nunmehr unverzüglich einen Anwalt aufsuchen, um überprüfen zu lassen, ob sie eine Aufenthaltserlaubnis unter dieser neuen Regelung erhalten könnten.
Ein weiterer Vorteil des neuen Gesetzes ist, dass das Bleiberecht für gut integrierte Jugendliche früher erreichbar ist. Zuvor musste der gut integrierte Jugendliche bereits 6 Jahre die Schule besucht haben. Nunmehr ist es möglich, bereits nach 4 Jahren erfolgreichen Schulbesuchs eine Aufenthaltserlaubnis für gut integrierte Jugendliche zu erhalten.
Schließlich gehören auch die Duldungsmöglichkeiten während einer Ausbildung sowie der erweiterte Familiennachzug zu den großen Vorteilen des neuen Gesetzes. So können Ausländer, die vor Vollendung ihres 21. Lebensjahres eine Berufsausbildung beginnen, eine Duldung für die Dauer eines Jahres ausgestellt bekommen. Zwar geht dieses Gesetz grundsätzlich nicht so weit, Ausländern, die sich in einer Ausbildung befinden, eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Ausbildung auszustellen, was wünschenswert gewesen wäre. Allerdings ist es zumindest ein kleiner Fortschritt zu der vorherigen Situation: Viele Arbeitgeber hatten bisher die Einstellung von jungen Ausländern zu einer Berufsausbildung abgelehnt, da die Duldungen zumeist nur für wenige Monate erteilt wurden. Sie mussten so ernsthaft befürchten, dass derartige Ausländer während der Ausbildung jederzeit abgeschoben werden könnten.
Seit dem 01.08.2015 besteht für Ausländer, denen subsidiärer Schutz von dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zuerkannt wurde, die Möglichkeit, nach vereinfachten Möglichkeiten innerhalb von 3 Monaten nach unanfechtbarer Entscheidung ihre minderjährigen, ledigen Kinder und Ehegatten den Antrag auf Familienzusammenführung zu stellen. Dann wird anders als sonst die Erteilung des Visums zum Familiennachzug, nicht davon abhängig gemacht, dass das Einkommen des in Deutschland lebenden Familienmitglieds schon zum Einreisezeitpunkt den Unterhalt der nachziehenden Familienangehörigen aus eigener Arbeit sicherstellen kann. Dieses Privileg kommt auch allen Personen zu Gute, die den subsidiärer Schutzstatus seit dem 01.01.2011 zuerkannt bekommen haben. Die dreimonatige Antragsfrist beginnt für diese Menschen ab dem 01.08.2015 und endet am 31.10.2015. Sollten subsidiär Schutzberechtigte, die ihre Zuerkennung zwischen dem 01.01.2011 und dem 31.07.2015 erhalten haben, ihre Familie nach Deutschland nachziehen lassen wollen, so sollten sie unverzüglich einen Anwalt aufsuchen, um sich diesbezüglich ausführlich beraten zu lassen.
Auf der anderen Seite sind mit dem neuen Gesetz zum 01.08.2015 viele Regelungen in Kraft getreten, die nicht nur schwere Nachteile für die Ausländer mit sich bringen, sondern auch verfassungsrechtlich bedenklich gesehen werden. Dazu zählt insbesondere der neu eingeführte Ausreisegewahrsam. Danach sollen Ausländer zur Sicherung der Durchführbarkeit einer Abschiebung auch ohne Vorliegen spezieller Haftgründe für maximal 4 Tage aufgenommen werden können. PRO ASYL führt in diesem Zusammenhang aus, dass Flucht kein Verbrechen ist. Haft ist eine völlig unangemessene Maßnahme gegen Schutzsuchende.
Die Gründe für eine Abschiebungshaft wurden deutlich erweitert. So liegen Gründe bereits dann vor, wenn z. B. Geldzahlungen an Schlepper geleistet wurden oder hierzu ausgeführt, dass faktisch jeder Asylsuchende, der über den Landweg in das Bundesgebiet einreist, dies nur mit Hilfe von Schleppern schafft uns somit die Haftgründe erfüllt.
Weiterhin sollen Flüchtlinge, die über andere europäische Staaten in die Bundesrepublik eingereist sind, allein deshalb in Gewahrsam genommen werden können, weil sie diese Staaten vor dem dortigen Abschluss eines laufenden Verfahrens verlassen haben. Dies steht im Widerspruch zu internationalen Abkommen und stellt ein offizielles Schutzbegehren, das nicht zu Ende geführt wird, unter Strafe.
Insbesondere diese letztgenannten Haftvorschriften lassen große Bedenken an ihrer Rechtmäßigkeit und Verfassungsmäßigkeit zu. Nichtsdestotrotz wird es unvermeidlich sein, dass viele Ausländer zunächst unter diesen Vorschriften leiden werden, bis es überhaupt zu einer höchstrichterlichen Überprüfung von diesen Vorschriften kommt. Umso wichtiger ist es, dass Betroffene diese Vorschriften und die damit einhergehende Haft nicht hinnehmen, ohne mögliche Rechtsmittel auszuschöpfen. Ein Anwalt, der auf Asyl- und Ausländerrecht spezialisiert ist, sollte in diesen Fällen stets um Rat gefragt werden.
Frederek Freckmann, Rechtsanwalt